Page 96 - EMCAPP-Journal No. 4
P. 96
of the NET, there was at most a slight depressive episode Eingesetzte Messinstrumente
left over. Vor und nach der Traumatherapie wurden zwei Frage-
bogen eingesetzt. Das religiöse Coping wurde mittels der
RCOPE deutschen Übersetzung des RCOPE erfasst (Lehr, Fehl-
Before the beginning of the trauma therapy, I set up the berg, Hess und Fix, 2007). Der RCOPE ist ein Selbstbe-
hypothesis that an increase of positive religious coping urteilungsfragebogen, welcher folgende Dimensionen
and of post-traumatic growth would result. During the des religiösen Copings abbilden: (1) Aktives Vertrauen in
first half of the therapy (up to around the 8th/9th session), Gottes Beistand, (2) Unzufriedenheit mit Gott, (3) Suche
negative copingwas clearlyprevalent. MsRosenheim saw nach sozialer Unterstützung, (4) Lebensveränderung, (5)
the many years of sexual abuse as God’s punishment. She Aufmerksamkeitslenkung auf Religion und (6) Bitte um
saw herself as guilty because of her supposedly culpable göttliches Eingreifen.
behaviour. During the process of working through the Der Fragebogen zur posttraumatischen persönlichen
events, a change occurred, namely to a religious coping Reifung (PPR) wurde von Maercker und Langner (2001)
which cannot be categorised as either clearly positive or ins Deutsche übersetzt. Es ist ein Selbstbeurteilungsfra-
clearly negative. Towards the end of the NET, however, gebogen mit 21 Items, die sich auf fünf Subskalen auftei-
a rather positive coping became visible. Ms Rosenheim len: (1) Neue Möglichkeiten, (2) Beziehung zu Anderen,
became conscious of her resources, such as singing. God (3) Persönliche Stärken, (4) Wertschätzung des Lebens
was no longer a punishing adversary; she no longer saw und (5) Religiöse Veränderungen.
herself as a person who was “bad” and deserved punish-
ment. She was able to attribute clearly the guilt and res- Ergebnisse
ponsibility to the perpetrator. The change in the religious Frau Rosenheim wurde zur Aufarbeitung der Gescheh-
coping mechanism was reflected in the final measure- nisse mit der NET in 15 Sitzungen behandelt. Sie nahm
ment. In total, it became clear that an increase in active aktiv, motiviert und engagiert an der Therapie teil. Es
trust in God had occurred. Before the beginning of the fiel ihr zu Beginn schwer, die Geschehnisse in chrono-
therapy, Ms Rosenheim stated that she no longer sought logischer Reihenfolge zu erzählen. Besonders schwierige
comfort from God. During the course, she sought more Passagen versuchte sie auszulassen. Dann war eine ent-
comfort and also found it. The discontent she had formu- sprechende Psychoedukation erforderlich. Insgesamt war
lated up to that point had dissolved. She was better able jedoch eine emotionale Aktivierung möglich, so dass die
to trust that God was by her side. The initially expressed Symptome der PTBS nach Abschluss der Therapie deut-
strong concurrence that God was punishing her for her lich reduziert waren. Auch die Depressivitätswerte wa-
sins was rejected from this point on. In the following ta- ren rückläufig. Nach Beendigung der NET war allenfalls
ble (Table 1), individual quotations from Ms Rosenheim noch eine leichte depressive Episode gegeben.
are presented. The statements quoted were made sponta-
neously in the course of the dialogue. RCOPE
Ich stellte vor Beginn der Traumatherapie die Hypothese
auf, dass es im Verlauf der NET zu einer Zunahme des
positiven religiösen Copings und zu einem Anstieg des
posttraumatischen Wachstums kommt. In der ersten
Hälfte der Therapie (etwa bis zur 8./9. Sitzung) überwog
klar das negative Coping. Frau Rosenheim sah den lang-
jährigen sexuellen Missbrauch als Strafe Gottes an. Sie
gab sich selbst die Schuld daran aufgrund ihres eigenen
vermeintlich schuldhaften Verhaltens. Im Rahmen der
Aufarbeitung der Geschehnisse kam es zu einer Verän-
derung, nämlich zu einem religiösen Coping, welches
weder klar positiv noch klar negativ einzuordnen ist. Ge-
gen Ende der NET wiederum wurde ein eher positives
Coping sichtbar. Frau Rosenheim erlebte ihre Ressour-
cen, so zum Beispiel beim Singen. Gott war nicht länger
ein strafendes Gegenüber; sie selbst sah sich nicht mehr
als Person an, welche „böse“ war und Strafe verdiente.
Die Schuld und Verantwortlichkeit konnten klar dem
Täter zugeordnet werden. Die Veränderung der religiö-
sen Copingmechanismen spiegelte sich bei der Austritts-
messung wider. Gesamthaft wurde deutlich, dass es zu
einer Zunahme des Aktiven Vertrauens in Gott kam. Vor
Beginn der Therapie äusserte Frau Rosenheim, dass sie
bei Gott keinen Trost mehr suche. Im Verlauf suchte sie
mehr Trost und und fand diesen auch. Die bis anhin for-
mulierte Unzufriedenheit löste sich auf. Sie konnte mehr
darauf vertrauen, dass Gott an ihrer Seite ist.
96 96